Wir trauern um Erika Tuppy

Hungersnot in Irland - Standbild in Dublin
Gott kennt unsere Not, Irland Foto von Konishi_Unsplash

Mag.* Erika Tuppy ist am 22. April im 82. Lebensjahr überraschend gestorben.

Wir sind tief betroffen und traurig über ihren plötzlichen Tod und drücken ihrer Familie unser Mitgefühl aus.

Erika Tuppy wurde 1982 „Chef vom Dienst“ und war von 1986 bis 1999 Chefredakteurin des Reformierten Kirchenblattes. Sie vertrat mit großem Einsatz ihre Evangelische Kirche H.B. in zahlreichen ökumenischen und internationalen Gremien. Die Kirche H.B. und speziell die Redaktion des Reformierten Kirchenblattes ist ihr für ihre langjährige und vielfältige Tätigkeit sehr dankbar.

Biografisches

Erika Tuppy wurde 1941 in Sarajewo geboren. Sie studierte Evangelische Theologie in Wien und absolvierte ihr Lehrvikariat bei Pfarrer Peter Karner 1982-1984. Sie wurde ordiniert, übernahm aber nie eine Pfarrstelle. Hauptberuflich war sie von 1977 bis zu ihrer Pensionierung als AHS-Professorin in mehreren Schulen in Wien tätig.

Ende der 70er Jahre begann ihr kirchliches Engagement. Sie gehörte viele Jahre der Synode H.B. als Vertreterin der Religionslehrer an und wurde auch in die Generalsynode gewählt. Sie war stellvertretendes Mitglied des Oberkirchenrates und in mehreren Ausschüssen tätig. 1992 heiratete sie den damaligen Wissenschaftsminister Hans Tuppy und hieß seitdem nicht mehr Fuchs sondern Tuppy.

Wirken in der Ökumene

Aufgewachsen mit und zwischen mehreren Konfessionen und Religionen war sie für die Arbeit in der Ökumene prädestiniert. Vom Anfang der 80er Jahre bis zu ihrem Tod war sie Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen. Mehrere Perioden hindurch bis 2017 war sie Schriftführerin im ÖRKÖ-Vorstand. Sie nahm in dieser Funktion auch an den Treffen der Europäischen Nationalen Kirchenräten teil. Aber nicht nur im ÖRKÖ und in der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK), auch im Weltkirchenrat (ÖRK) arbeitete sie mit. 1983 vertrat sie, damals noch als Erika Fuchs, gemeinsam mit dem lutherischen Bischof Dieter Knall die Evangelische Kirche A.u.H.B. bei der Vollversammlung des Weltkirchenrates in Vancouver.

Sie war Delegierte der Kirche H.B. in der evangelisch-katholischen gemischten Kommission und Mitglied der reformierten-katholischen Gesprächskommission „Eucharistie“. Sie arbeitete auch beim Programm der ÖRK-Kommission zur Bekämpfung von Rassismus mit. Sie war gemeinsam mit dem damaligen Vikar Thomas Hennefeld 1997 Delegierte bei der 2. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Graz. Ihr ökumenisches Engagement war mit umfangreicher Reisetätigkeit auf fast allen Kontinenten verbunden.

Öffentlichkeitarbeit in und für die Kirche H.B.

Siebzehn Jahre war das Reformierte Kirchenblatt, das Öffentlichkeitsorgan der Reformierten Kirche und ihrer Gemeinden, bei ihr in guten Händen. Sie schrieb in dieser Zeit und auch noch danach unzählige Artikel zu theologischen, kulturellen und historischen Themen. Außerdem war sie an mehreren Publikationen der Aktuellen Reihe des Reformierten Kirchenblattes beteiligt, so am Ausstellungskatalog 1984: Ulrich Zwingli Reformator und an der Publikation: Texte für grüne Christen. Gemeinsam mit Peter Karner nahm sie eine Neuübertragung des Heidelberger Katechismus vor, wie er sich heute im Evangelischen Gesangbuch findet. Unsere Kirche vertrat sie auch mehrere Perioden im Evangelischen Presseverband.

Ihren ausgezeichneten Französischkenntnissen – sie wuchs mit der französischen Sprache neben der deutschen auf – ist der erste Teil des Calvinbuches zum 500. Geburtstag Johannes Calvins zu verdanken. Denn sie übersetzte die ganze Biografie des Genfer Theologen Henri Babels über Calvin aus dem Französischen ins Deutsche.

Theologin aus Leidenschaft

Bei allen ihren kirchlichen Aktivitäten, ob bei der Arbeit für das Reformierte Kirchenblatt, bei der Gremienarbeit oder in ihren Beiträgen bei internationalen Versammlungen zeichnete sie ein klares reformiertes theologisches Profil aus, das von Humanismus, vom Einsatz für Minderheiten und Hochhalten der Menschenwürde geprägt war. Gleichzeitig lebte ihre Theologie vom Dialog, sie selbst war eine geschätzte Dialogpartnerin. Sie wollte niemanden missionieren oder ihre Überzeugungen anderen aufdrängen. Ihr Motto war: Nur wer selbst klare Standpunkte vertritt, ist auch zum echten Dialog fähig.

Eine Andacht für das Reformierte Kirchenblatt aus dem Jahr 2005 zur Selbstvorstellung Gottes im 2. Buch Mose 3,14 bringt ihre Gottesvorstellung auf den Punkt:

14 a Gott sprach zu Mose: „Ich bin, der ich bin.“

„Ich kenne ihre Leiden“, sagt Gott.
Das ist nicht das Kennen eines, der irgendwie davon gehört hat, der es in der Zeitung gelesen oder im Fernsehen gesehen hat.
Das ist nicht einmal das – wenn auch mit Schaudern verbundene – Kennen, das man beim Besuch bestimmter Gedenkstätten erwirbt.
Das ist ein Kennen aus eigener Anschauung, ein Kennen aus Erfahrung, es ist das Kennen des Gottes, der durch Jesus Christus, seinen Sohn, das Leid der Welt auf sich genommen hat – bis hin zum Tod am Kreuz.
Gott kennt die Nöte der Menschen, er kennt ihre Ängste, er weiß um Verfolgung, Unterdrückung, Ausbeutung, Demütigung, Vertreibung, Hunger und Krieg. Gott hat das Rufen seines Volkes gehört, er kennt seine Leiden und er setzt der Not ein Einde. Er schenkt dem Volk ein Leben in Fülle in einem Land, in dem Milch und Honig fließt.
Freiheit, Friede, Fülle schenkt Gott. Doch wer ist dieser Gott, wie sollen wir ihn nennen?
„Ich bin, der ich bin“, sagt er.
Unwandelbar in seinem Sein und doch unbegreiflich in seinem Wesen:
Das ist kein Gott, der sich in Worte fassen oder in Bildern darstellen läßt,
kein Gott der heiligen Zeiten und festen Orte,
kein Gott der Riten und magischen Formeln,
kein Gott der einen oder der anderen Seite, der einen oder der anderen Partei,
kein Gott, der sich auf Fahnen heften läßt,
kein Gott, den man zum Gewährsmann der eigenen Meinung machen kann,
kein Gott der falschen Gewissheiten und verbrieften Sicherheiten,
kein Gott der einfachen Rezepte zum Erfolg – im Krieg nicht und nicht im Frieden.
Immer gegenwärtig und doch nie festzuhalten ist dieser Gott.
„Ich bin, der ich bin“, sagt er.
Unwandelbar in seinem Sein, doch unbegreiflich, unfassbar.
Und doch ist er ein Gott,
der Trost zuspricht und Mut macht,
ein Gott, der Frieden stiftet und Versöhnung zusagt,
ein Gott, der inmitten von Unsicherheit Lebensraum schafft,
ein Gott, der die Leiden seines Volkes kennt.

THOMAS HENNEFELD im Namen der Redaktion

* In der Würdigung Erika Tuppys haben wir berücksichtigt, wogegen sie sich schon zu Lebzeiten immer wieder wehrte: das Gendern und ein Porträtfoto. Sie legte Wert darauf, einen Magistertitel bekommen zu haben und sie wollte kein Porträt von sich in der Zeitung sehen.