Wie kommt der Hase in die Synagoge und ins Osterfest?

Jüdischer Friedhof in Sataniv, Horodok Raion, Khmelnytskyi Oblast (© Mykola Swarnik)

Auf Hasenspuren von China über den Nahen Osten bis ins Osternest

Schokohasen haben wieder Saison. In den Regalen der Supermärkte haben sie die Schokonikoläuse verdrängt und zeigen uns an: Ostern steht vor der Tür und will gefeiert werden. Weshalb müssen gerade die Hasen, diese Sinnbilder für Fruchtbarkeit und Frühjahrsboten, herhalten, wenn es Richtung Ostern geht?

Seid fruchtbar und vermehret euch

Die Hasen waren seit jeher ein heidnisches Sexsymbol für Frucht¬barkeit und Vermehrung. Auch im Judentum kommt der Hase an durchaus prominenter Stelle vor. Sprechen das 3. und 5. Buch Mose noch von den nicht-koscheren Hasen, so kommen diese im Judentum doch noch später zu hohen Ehren. Gleiches passiert Löwen und Adlern, die ebenfalls zwar nicht koscher, so doch hochgeehrte Tiere darstellen.

Die „Hasen“ in den Psalmen

Dass der Hase im Psalm 104 „im Schutze des Felsens G’ttes seine Zuflucht sucht“ geht jedoch auf einen Übersetzungsfehler zurück. Hebräisch heißt Hase „shafan“ aber bei den in Psalm 104 angeführten „shafan sela“, ist der Klippschiefer gemeint. Dieser „falsche Hase“ gehört zu den Murmeltieren, hat kurze, runde Ohren und man trifft ihn heute leider nur noch im Naturreservat Ein Gedi am Toten Meer an. Rabbi Yosef Hayim Yerushalmi hat 1534 in seiner Augsburger Haggada diesen „falschen Hasen“ als ein Symbol für die Jüdinnen und Juden in der Diaspora benannt. So wie dieser Hase sei man immer gejagt und stets auf der Flucht. Pessachgebetsbücher haben seither die „Hasenjagd“ angeführt. In der Haggada aus Prag aus dem 16. Jahrhundert wird der Hase für eine Eselsbrücke genutzt. „Jag’ nen Has“ meint die hebräischen Buchstaben „YaK-Ne-HaZ“. Damit ist auf eine besondere komplizierte Abfolge der Segenssprüche hingewiesen.

Das berühmte Hasentrio – Erde, Wasser, Feuer

Es gibt im Judentum auch das Motiv der drei Hasen, die sich im Kreis jagen. In einem alten deutschen Rätsel heißt es: „Der Hasen und der Ohren drei / Und doch hat jeder seine zwei.“ In der Synagoge von Horb am Neckar im Jerusalemer Israel-Museum ist dieses tierische Trio verbildlicht. Auch in anderen Synagogen sind die drei Hasen etwa auf Holzpaneelen zu sehen. Drei Hasen finden sich auch in der Synagoge Chodorow von Lemberg, die 1941 von den Nationalsozialisten zerstört worden ist. Mithilfe von Fotografien haben sich die Malereien wiederherstellen lassen. Die israelische Kunsthistorikerin Ida Uberman schreibt über dieses Bethaus:

„Wir finden hier Darstellungen von drei Tierarten, je in einem Kreis angeordnet. Ein Adler, Fische und Hasen. Diese drei repräsentieren die drei kabbalistischen Elemente der Welt: Erde, Wasser und Feuer/Himmel.“ Die Zahl Drei, betont Uberman weiter, sei „im kabbalistischen Kontext sehr bedeutungsvoll“.

Buddhistische Hasen

Auch im Buddhismus in China haben die drei Hasen einen Kreis gebildet und sind uns aus Höhlenmalereien bekannt. Sie sollen im 6. Jahrhundert gemalt worden sein, und von China her kamen die Hasensymbole um 1200 n.Chr. in den Nahen Osten, in das Ajubidenreich Saladins. Keramikvasen und Metallgegenstände wurden mit den Hasen bebildert. So fanden die drei Hasen schließlich ihren Weg nach Europa. In Paderborn etwa sind die drei Hasen in einem Fenster im Kreuzgangs des Doms. Paderborn bietet auch Vorstellungen im „Drei-Hasen-Theater“ an und Übernachtungen im „Drei-Hasen-Hotel“. Nicht weit davon liegt dann auch die „Drei-Hasen-Apotheke“.

Faszinosum „Hase“

In vielen aschkenasischen Holzsynagogen des 17. und 18. Jahrhunderts sind sie dann auch zu finden. Und der seltsame „Dreihasenkreis“ hat seinen Weg in viele Kulturen gefunden. Dabei wurde das alte Symbol oft mit einer neuen Bedeutungsebene aufgeladen. In christlichen Kreisen wurde das Hasentrio als Sinnbild der Heiligen Dreifaltigkeit gesehen. Also weder dem Judentum noch dem Christentum können die Ursprünge eindeutig zugeordnet werden. Nur die Faszination „Hase“ hat diesem Tier in den Religionen eine besondere Stellung beschert, bei uns eben zu Ostern. Frohe Ostern!

HARALD KLUGE