Virtuelle „Bank der Talente“ der Waldenserkirche

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In Italien stellen Kirchenmitglieder ihr Können online zur Verfügung

Die Waldenserkirche (chiesa evangelica valdese), eine reformierte Kirche mit vorreformatorischen Wurzeln, ist eine italienische Minderheitenkirche (ca. 30.000 Mitglieder) mit einigen Gemeinden in Uruguay und Argentinien (ca. 13.000 Mitglieder). 1975 unterzeichnete sie eine Verwaltungsunion mit der kleineren methodistischen Kirche (patto di integrazione).

Kirche der Ehrenamtlichen

Aufgrund der geringen Anzahl ist sie zu einem großen Teil auf die ehrenamtliche Mitarbeit einiger engagierten Mitglieder angewiesen, die ihre Fähigkeiten in ihrer Freizeit zur Verfügung stellen. Sie bringen sich in den Pfarreien oder in den Kirchenkreisen ein: Sie sind nicht nur Laienprediger:innen, sondern auch u.a. Finanzexpert:innen, Organisator:innen, Techniker:innen. Unlängst ist in der Waldenserkirche die Frage aufgetreten, ob es nicht Menschen gibt, die sich zwar gerne engagieren möchten, aber im Hintergrund versteckt sind. Um ihnen die Möglichkeit zu bieten, ihr Können und Wissen zur Verfügung zu stellen, hat die „Tavola Valdese“, das exekutive Organ der Waldenserkirche, die Idee einer virtuellen „Bank der Talente“ ins Leben gerufen.

Netzwerk von Freiwilligen

Die Idee ist vor etwa einem Jahr entstanden. Über ein Online-Formular können sich Waldenser:innen und Methodist:innen eintragen und ihre Talente hinterlegen. Gemeint sind damit etwaige Begabungen, berufliches Wissen und fachliches Können. Aus diesem Talente-Depot können die einzelnen Gemeinden oder die Kirchenräte nach Mitgliedern suchen, sie für lokale Dienste, Kommissionen oder Organisationen einsetzen bzw. als Vertreter:innen für nationale oder internationale Konferenzen entsenden. Der überregionale Charakter der Initiative bietet die Möglichkeit, die schwierige Diaspora-Realität der über ganz Italien verstreuten 170 Pfarreien zu überwinden und ein Netzwerk von Freiwilligen aufzubauen. Das angefragte Können und Wissen erstrecken sich von den Bereichen Management, Rechnungsprüfung, Bildung, Fundraising bis hin zur Seelsorge, Migration und Social Media. Das weite Spektrum spiegelt nicht nur die diakonischen Betätigungsfelder der Waldenserkirche wider, sondern auch ihre Position in der Gesellschaft: Obwohl sie eine Minderheitenkirche ist, wird sie gesellschaftlich und politisch wahrgenommen und bringt sich entsprechend ein.

Projekt mit Zukunftsaussichten

Allein mit der Eingabe der Talente ist es nicht getan. Die Kirche versteht sie theologisch als Berufung, die sie anerkennen und in ihren diakonischen Dienst stellen möchte. Es bedarf also auch einer bestimmten Justierung nach dem kirchlichen Kontext. Die Datenerhebung läuft noch, aber William Jourdan, Pfarrer und Mitglied der „Tavola Valdese“, ist zuversichtlich, dass man bis Ende des Jahres 200 Eintragungen erreicht werden. Das Projekt hat kein Ablaufdatum und Waldenser:innen und Methodist:innen können jederzeit beitreten.

Angelo Comino