Gleich oder doch verschieden?

Ehe wird nun auch in unserem Nachbarland nicht mehr nur als Beziehung zwischen Mann und Frau gesehen. Aber der Weg in Richtung Gleichstellung homosexueller Menschen und ihrer Beziehungen wird nicht überall als positive Entwicklung gesehen. Ein Update.

Gesetzliche Diskriminierung homosexueller Menschen in Österreich nimmt weiter ab, der Prozess dazu, der durch die Aufhebung des Totalverbots homosexueller Handlungen 1971 durch die Regierung Kreisky auf Betreiben von Justizminister Christian Broda begonnen hatte, verlief danach eher schleppend. In den langen Jahren der Regierung der großen Koalition war es vor allem der konservative Regierungspartner, der sich Änderungen entgegen stellte. Daher wurden die meisten Verbesserungen in der Gleichstellung nicht durch Regierungsbeschluss erreicht, sondern vom Verfassungsgerichtshof oder vom Europäischen Gerichtshof erzwungen.

Nachdem die Eingetragene PartnerInnenschaft endlich am 1. Jänner 2010 eingeführt wurde, waren darin ebenfalls inzwischen aufgehobene Diskriminierungen enthalten, die von der damaligen Innenministerin Maria Fekter in das ursprüngliche Gesetz geschrieben wurden, wie z.B. das Standesamtsverbot oder das Verbot der Adoption des Partnerkinds. Die Initiative „Ehe Gleich!“ sammelt weiterhin Unterschriften für die gleichgeschlechtliche Ehe, nachdem ein erster Versuch der SPÖ, im Parlament eine Frist zur Behandlung des Themas zu setzen, im vergangenen Juni am Widerstand von ÖVP, FPÖ und Team Stronach scheiterte. Beim Verfassungsgerichtshof ist ein Antrag gegen das Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare bereits eingebracht. 73% der österreichischen Bevölkerung hielten übrigens bereits 2014 die gleichgeschlechtliche Ehe für richtig.

In anderen konservativ regierten Ländern gibt es hier eine andere Entwick lung. In Australien läuft seit 12. September eine Volksbefragung zur Einführung der Ehe für alle. Sollte eine Mehrheit der an dieser freiwilligen Befragung Teilnehmenden dafür sein, könnte das Gesetz noch vor Weihnachten beschlossen werden. In Deutschland hatte Kanzlerin Merkel die Abstimmung im Bundestag für die CDU freigegeben, damit war die Mehrheit für die Ehe für alle sicher. Am 1. Oktober tritt das Gesetz nun dort in Kraft. 2017 hat auch Finnland das Ehegesetz umgesetzt und Malta den Beschluss dazu gefasst. Damit ist diese Gleichstellung nun in 15 Ländern Europas Realität.

In die entgegengesetzte Richtung geht der Weg in Russland, wo vor allem die Orthodoxe Kirche darauf gedrängt hat, „homosexuelle Propaganda“, unter der jede Art der Information über Homosexualität verstanden wird, unter Strafe zu stellen und das Parlament diesem Wunsch nachgekommen ist. In einigen afrikanischen Staaten wurden Strafen für homosexuelle Handlungen wesentlich verschärft, ganz abgesehen von den Ländern oder Gebieten, die aufgrund einer fundamentalistischen Ausrichtung des Islam die Todesstrafe verhängen. Auch in folgenden Ländern der Europäischen Union sind Partnerschaften noch nicht anerkannt, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien. Einige Staaten haben in den letzten Jahren sogar die Definition der Ehe in der Verfassung geändert, um diese ja nicht für gleichgeschlechtliche Paare zu ermöglichen, so etwa in Ungarn oder der Slowakei.

Demgegenüber setzen sich viele Kirchen der Reformation in Europa für Gleichstellung ein: So haben inzwischen einige die Trauung für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt, so die Evangelische Kirche im Rheinland, die Evangelische Landeskirche in Baden und die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, die Vereinigte Protestantische Kirche in Frankreich, die Vereinigten Reformierten Kirchen in Großbritannien sowie die Nationalkirchen in Schweden, Island, Dänemark und Norwegen. Auch in der anglikanischen Gemeinschaft hat durch den Beschluss der Schottischen Episkopalkirche im Juni dieses Jahres ein weiteres Mitglied die Trauung eingeführt.

Weiters bestehen, wie in der Reformierten Kirche in Österreich, in vielen Kirchen Beschlüsse zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare mit weitgehender Gleichstellung. Der theologische Ausschuss der Synode befasst sich nun mit dem Thema, ob der Segnungsbeschluss von 1999 angesichts dieser veränderten Lage noch zeitgemäß ist. Die Einführung der Trauung könnte also Thema der nächsten Synode werden.

Die Wertschätzung homosexueller Menschen in der Reformierten Kirche wurde beim Pride Prayer sichtbar, dem von der Ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Glaube in Wien organisierten Gottesdienst am Vorabend der Regenbogenparade, der am 16. Juni in der Reformierten Stadtkirche unter dem Titel „Be free – take care“ das Motto „Freiheit und Verantwortung“ des Reformationsjubiläums aufgegriffen hatte und von etwa 100 Menschen mitgefeiert wurde.

ANDREAS RASCHKE
Presbyter, Wien-West