„Europa im Wandel“ – Reformierte Perspektiven

Univ. Prof. Michael Weinrich (ganz rechts hält seinen Vortrag „Reformiertes Denken und Handeln im öffentlichen Raum.“. Links davon: Univ. Prof. Karl Schwarz. © T.H.

Dritte Konsultation der Reformierten Kirche

Unter diesem Titel kamen Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen Mittel-und Osteuropas zur dritten Reformierten Konsultation im Gästehaus der Reformierten Kirche in Dresden am Rande der Altstadt vom 12. bis 15. Mai 2019 zusammen. In der Tradition der Oberwart-Konferenz und der Donau-Kirchen-Konsultation diente auch diese Tagung dem Austausch und der Verständigung zwischen den Kirchen in Mittel-und Südosteuropa.

Rückblick

Die „Oberwartkonferenz“, die während des Kalten Krieges Ende der 60er Jahre vom damaligen Landessuperintendenten und Pfarrer von Oberwart, Imre Gyenge, ins Leben gerufen worden war, fand am Beginn des neuen Jahrhunderts ihre Fortsetzung in der „Donau-Kirchen-Konsultation“ und diese wiederum seit 2012 in der Reformierten Konsultation. Während die „Oberwartkonferenz“ Vertreter von Kirchen aus Ost und West zusammenbrachte, und damit eine Brücke über den Eisernen Vorhang schlug, so thematisierten die Teilnehmer bei den Tagungen am Beginn des neuen Jahrhunderts Themen, die die Erweiterung der Europäischen Union betrafen. 2012 wurde ein neues Format gefunden, indem ein Organisationskomitee aus mehreren Kirchen die Konferenz vorbereitete. und sich mit reformierten Themen beschäftigte.

Herausforderungen für Europa

Wenige Tage vor den Wahlen zum Europäischen Parlament diskutierten die Teilnehmenden über die Herausforderungen der Kirchen angesichts wachsenden Rechtsextremismus, Nationalismus, Aushöhlung demokratischer Strukturen, Fremdenfeindlichkeit und Hang zu autokratischem Verhalten einiger Staatschefs in der Europäischen Union.

Zu Beginn der Tagung nahm LSI Hennefeld Bezug auf die Europaerklärung des ÖRKÖ.

„Wir stehen an einer Zeitenwende. Mit den bevorstehenden EU-Wahlen wird sich entscheiden, in welche Richtung sich die EU bewegt. Dabei geht es nicht so sehr um links oder rechts, um sozialistisch, konservativ oder liberal. Es geht um die Frage, wie die EU in Zukunft gestaltet wird: offen, demokratisch, partizipatorisch, pluralistisch oder autoritär, ausgrenzend und polarisierend. Es steht viel auf dem Spiel. Werden die Kräfte gewinnen, die einen Ausgleich und den Zusammenhalt der Gesellschaft fördern oder diejenigen, die eine Politik der Polarisierung und Hetze verfolgen.“

Impulsreferate zu Demokratie, Flucht und Verhältnis von Staat und Kirche
Christoph Sigrist, Pfarrer am Großmünster in Zürich und Gusztav Bölcskei, ehemaliger leitender Bischof der Reformierten Kirche in Ungarn erörterten Fragen der Demokratie in ihren Ländern und Herausforderungen für Europa. Anne Zell, Pfarrerin der Waldenserkirche in Brescia, stellte das Programm ihrer Kirche im Einsatz für Flüchtlinge und Migranten vor. Die Gemeinden hätten sich in den letzten Jahrzehnten verändert, sie seien multinationaler und multikultureller geworden. Viele Menschen aus afrikanischen Ländern prägen nun das Gemeindeleben einiger Gemeinden.

„Von der Apartheid zum Zusammenleben“
– so kann man diese Entwicklung übertiteln. Es brauche in dieser schwierigen Zeit, in der die österreichische Regierung immer aggressiver gegen Flüchtlinge, aber auch gegen deren Unterstützer vorgeht, einen prophetischen Geist und die prophetische Rede. Karl Schwarz, ehemaliger Beauftragter für die Evangelischen Kirchen im Kultusamt in Wien und Dozent für Kirchenrecht an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, referierte über das Verhältnis von Staat und Kirche in Europa am Beispiel des Karfreitagsproblems in Österreich. Dabei ging es um gesamteuropäische Fragen, wie den Stellenwert von Religion in der Gesellschaft, Diskriminierung von Minderheiten und Feiertagskultur. Der emeritierte Professor für Systematische Theologie Michael Weinrich, der auch dem Moderamen des Reformierten Bundes in Deutschland angehört und erst vor kurzem ein Buch über die Theologie Karl Barths veröffentlichte, referierte zum Thema: „Reformiertes Denken und Handeln im öffentlichen Raum.“ Dabei nannte er die großen Herausforderungen für Europa: Klimawandel, Frieden, die globalisierte Wirtschaft, Flucht und Migration und schließlich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die Stärke reformierter Kirchen sei es, die Situation klar und nüchtern zu analysieren und aus dem eigenen Bekennen heraus an Humanität und Gerechtigkeit zu orientieren.

Geistliches und Rahmenprogramm

Es blieb den Delegierten auch Zeit für einen Austausch über Leben und Herausforderungen in den eigenen Kirchen und Ländern und für einen Stadtspaziergang durch Dresden.
Geistlich wurde jeder Tag mit einer Morgenandacht eröffnet und am Mittwoch mit einem feierlichen Abendmahlsgottesdienst abgeschlossen.

Die Delegierten kamen aus den reformierten Kirchen Ungarns, der Slowakei, Rumäniens, Serbiens, der Karpato-Ukraine, der Schweiz und Litauen, aus der Waldenserkirche in Italien, von den Böhmischen Brüdern in der Tschechischen Republik, vom Reformierten Bund in Deutschland, aus der Lippischen Kirche, Evangelisch-reformierten Kirche in Deutschland und von der Evangelischen Kirche im Rheinland. Die Tagung wurde von Delegierten aus Ungarn, Deutschland und Österreich vorbereitet.

T.H.