Der schönste Beruf, aber …

Paragleiter als Sinnbild für den Beruf als Religionslehrer*in

Die Freude am Beruf als Religionslehrer*in und die Vielfalt der Schwierigkeiten

Bei der Konferenz am Ende dieses Schuljahres haben wir eine lang gediente Religionslehrerin in Tirol feierlich in die Pension verabschiedet. Da sagte sie etwas, was wohl allen evangelischen Religionslehrer:innen aus der Seele spricht: „Religionslehrerin zu sein, ist der schönste Beruf, aber das Drumherum, vor allem am Schulanfang, das ist der Hammer.“ Kein Wunder: Die Kollegin hat im vergangenen Schuljahr Kinder aus 26 Schulen in 22 staatlich bezahlten und zwei kirchlich bezahlten Wochenstunden unterrichtet, darunter waren acht Unterrichtsgruppen, die aus jeweils mehreren Schulen bestanden.

… wie eine Reiseleiterin

Religionslehrer:in sein, das bedeutet: In kleinen Unterrichtsgruppen sich mit den Kindern auf die Suche machen nach dem, was das Leben letztlich ausmacht; sich dabei auf eine Beziehung einzulassen, in der die Kinder spüren: Da lebt jemand aus einer Kraftquelle, die Menschen schon seit Jahrtausenden erfahren; den Schatz der Überlieferungen des Glaubens mit den Kindern zu entdecken. Das bedeutet aber auch: Angesichts einer extremen Minderheitssituation (oft gibt es nur ein evangelisches Kind an einer Schule) Kinder und Eltern ermutigen, auf diesen Schatz nicht zu verzichten, zahllose Gespräche und Telefonate zu führen, bis Gruppen gebildet sind und der Stundenplan steht, und dann das ganze Jahr sehr viel unterwegs zu sein, von Schule zu Schule und oft in keiner wirklich zuhause zu sein.

… wie ein Paragleiter

Wir leiden inzwischen in weiten Teilen Österreichs unter einem großen Mangel an Religionslehrer:innen. Extrem ist die Situation gerade für die evangelische Kirche H.B. in Vorarlberg. Dort fehlen in drei von vier Gemeinden die Lehrpersonen. Das hat zur Folge, dass wir dort nur an zentralen Orten stattfindende, geblockte Unterrichtsgruppen führen können. Teilweise helfen Lehrpersonen mit, die schon im Ruhestand sind. Die Zahl der Abmeldungen vom Religionsunterricht, der in dieser Form stattfinden muss, ist extrem hoch. Unzählige Werbemaßnahmen haben in den letzten Jahren stattgefunden, bisher ohne Erfolg. Nur in Bludenz hatten wir das Glück, im letzten Jahr sowohl eine neue Pfarrerin als auch eine neue Lehrerin zu bekommen. Eine Ursache ist sicher darin zu sehen, dass das Studium, das zu einer vollen Lehrbefähigung führt, aufwändig ist. Um Religionslehrerin an Volksschulen mit der Aussicht auf einen Vertrag mit der Bildungsdirektion zu werden, muss man das komplette Lehramtsstudium für Volksschulen absolvieren und dabei den Schwerpunkt evangelische Religion wählen. Im Herbst beginnt eine Studierende aus Dornbirn mit dem berufsbegleitenden Studium an der PH Vorarlberg. Hoffen und beten wir, dass sie es tatsächlich bis zur Religionslehrerin schafft. Denn es ist der schönste Beruf, aber …

… wie eine Tiefseetaucherin

Manche Gemeindemitglieder, die sich schon in der Kinder- und Jugendarbeit engagieren und dabei große Begabungen zeigen, können aus beruflichen oder familiären Gründen kein Studium aufnehmen. Für sie gibt es eine kirchliche Befähigungsprüfung zur aushilfsweisen Erteilung des Religionsunterrichts. Aber da diese nicht als Lehramtsstudium anerkannt wird, ist dann die Bezahlung als Religionslehrer:in schlecht. Der Religionsunterricht braucht die Hilfe der Gemeinden: Nur dort können Eltern darin bestärkt werden, den Religionsunterricht ihrer Kinder zu fördern, z.B. indem sie ihre Kinder auch zum Unterricht bringen. Und nur dort wird es gelingen, Menschen zu motivieren, die Ausbildung zur Religionslehrerin/zum Religionslehrer zu machen. Denn: Es ist der schönste Beruf!

HR Mag. Peter Pröglhöf
Fachinspektor für den evangelischen Religionsunterricht
an allen Schulen in Salzburg, Nordtirol und Vorarlberg