CORONA – Herausforderung für alle

Coronavirus © Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0


Das Coronavirus breitet sich weltweit aus. Wir erleben eine Pandemie, die auch Österreich erfasst hat. Wir leben in einem Ausnahmezustand und damit unter Bedingungen, wie wir sie uns nie hätten vorstellen können. Das Wichtigste ist es, die Verbreitung des Virus einzudämmen bzw. den Anstieg der Infizierten zu verlangsamen. Dazu kann jeder und jede etwas beitragen. Am Sonntag, den 15. März hat der Nationalrat schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus beschlossen. Am Montag, den 16. März, sind die neuen Bestimmungen in Kraft gesetzt worden. Sie bedeuten eine erhebliche Einschränkung von Freiheitsrechten. Bereits am Donnerstag, den 12. März, hat die Bundesregierung in einem eilig einberufenen Treffen mit den Kirchen und Religionsgesellschaften diese eindringlich aufgefordert, ihren Beitrag zur Eindämmung des Virus zu leisten und mit gutem Beispiel voranzugehen. Dieser Bitte sind auch die evangelischen Kirchen nachgekommen und haben folgende Empfehlungen bis auf Widerruf an ihre Gemeinden gerichtet:

• Aussetzen der Sonntagsgottesdienste und anderer gottesdienstlichen Veranstaltungen in den Kirchen. Die Kirchen können zu den üblichen Gottesdienstzeiten für die persönliche Andacht geöffnet werden.

• Aussetzen von Sitzungen und Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der Pfarrgemeinden.

• Aussetzen des Konfirmandenunterrichts.

• Verschiebung von kirchlichen Feierlichkeiten, wie Taufen, Trauungen etc.

• Begräbnisse nur im engsten familiären Rahmen mit max. 5 TeilnehmerInnen. Gedenkgottesdienste können nachgeholt werden.

Alle Diese Maßnahmen dienen dazu, gefährdete Personen zu schützen und damit Leben zu retten. Abstand halten, soziale Kontakte einzuschränken wird in dieser Zeit der Krise zum Liebesdienst.

Gleichzeitig betonen wir, dass die Kirchen nicht einfach zusperren und warten, bis die Krise vorüber ist. Unsere Gemeinden bleiben präsent. Pfarrerinnen und Pfarrer sind telefonisch und über e-mail erreichbar. Wir verlagern unser Gottesdienst- und Gemeindeleben ins Netz. Sie finden auf den Websites der Pfarrgemeinden Gottesdienste, Andachten Predigten, Gedanken, Bibelverse zum Lesen, Hören und Sehen.

Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.
2. Timotheus 1,7

Gerade in diesen schweren Zeiten der Unsicherheit und Angst brauchen wir Trost, Stärkung und Zuversicht. Wir haben einen großen Schatz in biblischen Texten. Vor allem die Psalmen zeugen von tiefem Gottvertrauen in schweren Nöten. Dichter evangelischer Kirchenlieder greifen Psalmenworte auf und kreieren daraus tröstliche und ermutigende Gesänge. Im reformierten Genf wurden diese Psalmen nachgedichtet und mit Melodien versehen. Der Genfer Reformator Johannes Calvin führte den Psalmengesang im Gottesdienst ein. Es waren harte, gefährliche Zeiten voller Unsicherheit und Not. Diese Dichtungen sind durch die Jahrhunderte immer wieder übersetzt worden. Wir singen die Lieder auch in unseren Gottesdiensten, wie z.B. den Psalm 25. Da lautet die 2. Strophe:

„Zeige, Herr, mir deine Wege,
mach mir deinen Pfad bekannt,
dass ich gerne folgen möge
jedem Wink von deiner Hand
Leit in deine Wahrheit mich,
führe mich auf rechte Pfade!
Gott, mein Heil, ich suche dich
und ich hoff auf deine Gnade.“

(Die Psalmen. Nachgedichtet von Matthias Jorissen, Neu bearbeitet von Peter Karner und Josef Dirnbeck, hg. v. Evangelischen Presseverband, 2009)

Wenn hier von Wegen und Pfaden die Rede ist, dann können wir das in der derzeitigen Lage nur im übertragenen Sinn verstehen. Wir sind ja aufgerufen zu Hause zu bleiben. Wege und Pfade suchen wir nur für kurze Spaziergänge auf, um Bewegung zu machen und einige Minuten an der frischen Luft zu sein, möglichst ohne anderen Menschen zu nahe zu kommen. Aber wir können bitten darum, dass uns Gott Wege aus der Krise und für unsere persönliche Zukunft zeigt. Und wenn wir auf die Stimme Gottes hören, können wir auch überlegen, was wir aus dieser Krise mitnehmen können, was sich in unserem Leben verändern könnte, damit ein lebenswertes Leben für alle möglich ist. Denn Gott spricht uns nicht nur persönlich an. Wir sollen nicht nur unser Heil und unsere Sicherheit suchen sondern das Heil der Welt. In diesen Tagen spüre ich viel Solidarität, Zusammenhalt, Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft. Es gibt schon auch das andere, das Gegenteil: Egoismus und den Versuch, Sündenböcke zu suchen. Aber richten wir unseren Blick und unsere Ohren auf das Gute, auf das, was uns stärkt und was uns Kraft gibt, wo der liebende, menschenfreundliche Gott in uns wirkt. Und so gesehen kann der Vers aus dem Timotheusbrief das Motto unserer Tage sein: Ohne Angst, kraftvoll, liebevoll und besonnen unseren Mitmenschen zu begegnen.

LSI Thomas Hennefeld
Pfarrer der Gemeinde Wien-West

Wir brauchen das Gebet

„Not lehrt Beten“, heißt es. Ich habe diesen Satz nie gemocht. Für mich schwingt hier der leise Vorwurf eines ach so Frommen gegenüber seinem nicht so frommen Mitmenschen mit: ich bete immer – du nur dann, wenn du was brauchst!

Wir sind in diesen Tagen aufgerufen, zu beten. Wir tun es auch, ohne dazu aufgerufen zu werden. Wir brauchen es, das Gebet. Um ruhig zu werden, um unsere Gedanken zu ordnen, um an- und auszusprechen, was uns Angst macht. Im Augenblick, in dem ich bete, beten kann, ist mir bereits geholfen. Ich spüre beides gleichzeitig: Boden unter den Füßen und eine Verbindung nach „oben“, einen Draht zu Gott.

Diese Ausrichtung gleichzeitig nach oben und unten, die ist nötig. Ort des Gebets ist das Hier und Jetzt. Die Herausforderungen der Zeit. Die sind nicht einfach wegzubeten. Die Gefahr, die vom Corona-Virus ausgeht, ist eine reale. Eine Gefahr für die Gesundheit Vieler, eine tödliche Gefahr, aber auch eine Gefahr für den Arbeitsplatz, die wirtschaftliche Stabilität, das Gesundheitssystem, das Zusammenleben im Kleinen wie im Großen. Es braucht gute Nerven und Geduld in der Quarantäne. „Social Distancing“ gilt für die Welt da draußen, es ist belastend genug. Gleichzeitig wird es in der eigenen Wohnung für Manche eng, weil da zu viel an Nähe ist.

Mit all dem ist umzugehen. Nicht nur bei einem selbst. Das ist ja die große Frage an uns als Christinnen und Christen, als Gemeinden und Kirche: Wie können wir anderen helfen, Unterstützung anbieten in diesem verwirrenden Spannungsfeld von verordneter Distanz und beklemmend empfundener Nähe?

Eine verwirrende Situation. Eine Situation, in der das Gebet seinen Ort hat. Das Gebet, bewusst dem Verwirrenden entgegengestellt. Eine ordnende Kraft. Im Psalm 6 heißt es ja: „Der HERR hat mein Flehen gehört, der HERR nimmt mein Gebet an.“ (V.10). Im Moment des Betens passiert schon etwas. Wir werden gehört. Das beruhigt.

OKR Johannes Wittich
Pfarrer der Gemeinde Wien-Süd