„Es braucht eine starke Zivilgesellschaft,
die wachsam ist, wenn Grundrechte,
damit auch die Rechte von Minderheiten,
bedroht sind.“
In Zeiten, in denen autoritär agierende Politiker*innen und Parteien auf dem Vormarsch sind, in unserem Land, in Europa und darüber hinaus, in Zeiten, in denen mit enormen Summen auf demokratische Prozesse Einfluss genommen wird und demokratische Strukturen immer stärker unter Druck geraten, möchten wir die Eckpfeiler und Leitlinien unserer Kirche in Erinnerung rufen.
Der berühmte reformierte Theologe Karl Barth hat kurz nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs gesagt:
„Die christliche Verkündigung im heutigen Europa muss also sein und wieder werden ein freies, ein unabhängiges Wort – unabhängig von allen herrschenden Winden …“
Die Rahmenbedingungen und die geopolitische Lage sind anders und die Zeit ist eine andere. Heute müsste es heißen: „Die christliche Verkündigung muss frei und unabhängig bleiben.“ Orientierung kann die Denkschrift der Generalsynode zum Thema „Evangelische Kirchen und Demokratie in Österreich“ aus dem Jahr 2002 geben.
Denkschrift zur Demokratie
Darin heißt es:
„Christlicher Glaube bejaht die Demokratie als jene Form des geordneten Zusammenlebens, die der Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit der Menschen am meisten Raum gibt …
Die Verkündigung des Evangeliums muss frei bleiben für den solidarisch-kritischen Dienst an der Gesellschaft.“
Für Reformierte spielt das sogenannte prophetische Wächteramt eine besondere Rolle. In unserer Grundsatzerklärung aus dem Jahr 1996 hat die reformierte Kirche dies ausdrücklich betont.
Aus der Grundsatzerklärung der Evangelischen Kirche H.B.
„Der ganzen Gemeinde ist das prophetische Amt aufgetragen. Sie ist verpflichtet, die aktuelle politische, soziale und kulturelle Situation zu analysieren und aus dieser Analyse ihr konkretes Sprechen und Handeln zu entwickeln. Sie ist bereit, die Zukunft mitzugestalten, und ist sich bewusst, damit Konflikte zu riskieren.“ (Art. 6)
Es braucht eine starke Zivilgesellschaft, die wachsam ist und dort sich zu Wort meldet, wo Grundrechte, zu denen auch die Rechte von Minderheiten gehören, bedroht sind. Religionsgemeinschaften können zu einem friedlichen Miteinander und zum Zusammenhalt der Gesellschaft einen wertvollen Beitrag leisten.
THOMAS HENNEFELD