„Auf dem Weg zur Krippe 16“ – 14. Dezember 2020

von Johannes Wittich

Mit meiner Seele verlange ich nach dir in der Nacht,
ja, ich suche nach dir mit meinem Geist in meinem Innern.
Denn wenn immer deine Gerichtstaten über die Erde gekommen sind,
haben die Bewohner des Erdkreises gelernt,
was Gerechtigkeit ist.
(Jes. 26,9, Losung zum 14. Dezember)

„Wer hier dem Sohn vertraute, kommt dort aus dem Gericht,“ hat Jochen Klepper 1938 gedichtet, in einer Zeit, die finsterer nicht sein hätte können. Heute findet sich sein Lied „Die Nacht ist vorgedrungen“ in unserem evangelischen Gesangbuch (EG 16). Klepper spricht von einem zukünftigen „Gericht“, einmal am Ende der Zeit und der Welt. Der Prophet Jesaja sieht „Gericht“ aber schon im hier und jetzt. Immer dann, wenn eine Krise ist, eine Entscheidungssituation, in der Menschen besonders gefordert sind.

In eine kritische Zeit ist auch Jesus hinein geboren worden. Schon um den Stall von Bethlehem herum haben sich Menschen entscheiden müssen, auf welcher Seite sie stehen. Auf der Seite der Macht – oder des machtlosen Kindes. Machtverhältnisse wurden auf den Kopf gestellt. Weil Gottes Gerechtigkeit eben anders ist.

Nachdenken über Finsternis und Nacht gehört auch zum Advent. Nicht nur, weil die Tage kürzer und die Nächte länger sind. Sondern auch als Nachdenken über die Dunkelheiten, die wir um uns herum wahrnehmen. Das Nachdenken in der Nacht hat aber auch seine eigene Qualität, meint der Prophet Jesaja. Dann, wenn ich mich auf das Wesentliche konzentrieren kann, nicht abgelenkt vom Alltagsgeschäft, beim Erforschen dessen, was in mir drinnen ist, an Fragen, Zweifel, Hoffnungen. In der Nacht lässt sich Gott ganz besonders gut finden. Und entdecken, dass keine Nacht der Welt das letzte Wort hat.

Impulse … auf dem Weg zur Krippe 2020 – Die Synodalen und Pfarrerinnen und Pfarrer der Evangelischen Kirche H.B. teilen Gedanken zum Rückzug, zum Umgang mit Unsicherheit, zum Umgang mit Gefahr, zur Solidarität mit anderen, zum Gottvertrauen in diesem Advent. Teilen und Weitergeben ausdrücklich erlaubt.