1. Advent, 29. November 2020 „Auf dem Weg zur Krippe 1. Tag“

29.11.2020

von Thomas Hennefeld

Impulse zum Advent … auf dem Weg zur Krippe 2020

Die Synodalen und Pfarrerinnen und Pfarrer der Evangelischen Kirche H.B. teilen Gedanken zum Rückzug, zum Umgang mit Unsicherheit, zum Umgang mit Gefahr, zur Solidarität mit anderen, zum Gottvertrauen in diesem Advent. Teilen und Weitergeben ausdrücklich erlaubt.

Wenn der HERR die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden.
(Psalm 126,1)

Warum, wenn Gottes Welt doch so groß ist, bist du ausgerechnet in einem Gefängnis eingeschlafen?
(Rumi, persischer Sufi-Mystiker, 13.Jh.)

Der heurige Advent beginnt im Lockdown. Eingesperrt, gefangen, vom Leben, von Familie, von Freundinnen und Freunden abgeschnitten, der Freiheit beraubt. Was für ein Adventbeginn? Kein Zauber, keine Idylle, keine Vorfreude, wenn es ein Fest im Ausnahmezustand wird.
Leben hinter Gittern. In einem Gefängnis einschlafen, können wir auch ganz ohne Pandemie, wenn der Mensch nur noch ein Getriebener ist, sein Lebenssinn im Produzieren und Konsumieren besteht, und er sich im Hamsterrad von Globalisierung und Profitmaximierung immer schneller dreht und doch auf der Stelle tritt. Nicht mehr fühlen, wie wunderbar, groß und vielschichtig die Schöpfung Gottes ist. Sich zufrieden geben mit der eigenen Enge, der Eindimensionalität des Lebens – Brot und Spiele.
Ob aus dem Lockdown oder aus der eigenen Gefangenschaft – da leuchtet die Welt hinter Gittern in allen Farben. Wenn Gott uns erlösen wird aus Entfremdung und Beengung, aus Monotonie und Sachzwängen, aus angeblicher Alternativlosigkeit zu einem todbringenden System, in dem der Mensch nur ein Kostenfaktor ist und die Natur nur als Materiallager dient, dann werden wir sein wie die Träumenden. Dann werden wir entdecken den größeren Horizont, das DU im Nächsten, das Licht in der Dunkelheit, das uns beflügeln kann.

Ich lebe in der Erwartung eines größeren Horizonts, kräftigerer Farben. Advent – dieser Weg voller Sehnsucht zu DEM, der uns den Himmel auf Erden verheißen hat, der uns aufbrechen lässt mit all unseren Möglichkeiten, Fähigkeiten, mit unserem Mitgefühl, mit unseren Sorgen, Zweifel und Tränen, mit unserer Hoffnung und unserem Lachen und mit unseren Träumen von einer besseren Welt, in der allen ein Leben in Fülle geschenkt wird.
Das alles können wir schon jetzt, mitten im Lockdown und vielleicht sogar konzentrierter als sonst.

Mosaik aus der Mosaikschule in Spilimbergo, Friaul (TH)